Der Aufruf des Regierenden Bürgermeisters Klaus Wowereit zu einer „Leistungschau“ der Bildenden Kunst in Berlin – was für ein Wort –, zu der Bildende Künstlerinnen und Künstler eine Kurzdokumentation ihrer Werke einreichen sollen, hat zu einer breiten Diskussion geführt.
Gegen eine Ausstellung von Kunst aus Berlin kann niemand etwas haben. Wenn diese Ausstellung eine Kunsthalle in Berlin befördert, wie das der Regierende hofft, kann das nur gut sein. Dass die Aktion auch Wahlkampfzwecken dient, ist nicht verwerflich, wenn das Konzept der Kunsthalle Sinn ergibt. Der call wurde inzwischen verändert, Urheberrechte bleiben bei den Künstlerinnen und Künstlern, die Postfolios können später abgeholt werden, ein Archiv entsteht nicht.
Zum Ziel der Kunsthalle
Der bbk berlin unterstützt eine Kunsthalle in Berlin, wenn sie folgende Bedingungen erfüllt:
* Sie muss die räumlichen Voraussetzungen für Parallelausstellungen und zusätzliche Dokumentations- und Projekträume bieten.
* Sie muss experimentell- und risikofreudig- und für alle Richtungen der Bildenden Kunst und Altersgruppen in Berlin offen sein. Sie muss diese Kunst auch mit überregionaler und internationaler Wirkung vermitteln und „exportieren“ können.
* Kommerzielle und Sammlerinteressen dürfen auf die Ausstellungspolitik keine Einfluss erlangen.
* Unterschiedliche, wechselnde Kuratoren sollten gleichzeitig parallel laufende Ausstellungen und Veranstaltungen vorbereiten und durchführen.
* Die Kunsthalle braucht einen Beirat, in dem auch die Künstlerinnen und Künstler Mitspracherechte haben, denn sie machen die Kunst.
* Die Kunsthalle darf durch ihre finanzielle Sogkraft auf keinen Fall bestehende Infrastrukturen gefährden, wie Kunstvereine oder bestehende Künstlerförderungen, die ohnehin für die inzwischen steigenden Zahlen und Aktivitäten der Künstlerinnen und Künstler schon lange nicht mehr reichen.
Berliner Infrastruktur
Viele hoffen, die „Leistungsschau“ solle dazu dienen, festzustellen, an welcher Stelle mehr für die Arbeitsfähigkeit der bildenden Künstlerinnen und Künstler getan werden könnte. Das ist nicht das Ziel des call – wäre aber sinnvoll. Die Förderung der Künste in Berlin ist extrem ungleichgewichtig: Die Bildende Kunst spielt im Landeshaushalt eine vergleichsweise marginale Rolle. Die Bühnen erhalten allein 50-mal mehr Haushaltsmittel als die Bildende Kunst, für die nur ein Prozent des Berliner Kulturhaushalts vorgesehen ist. Es wird Zeit, dass Berlin den Bildenden Künstlerinnen und Künstlern etwas für ihre „Leistungen für Berlin“ (hier hat das Wort Sinn!) zurückgibt. Wie schäbig ist es, dass Bildenden Künstlerinnen und Künstler z.B. der freie Eintritt in Museen und Ausstellungen verwehrt ist, obwohl sie letztlich von ihnen leben. Wie schäbig, dass Künstlerinnen und Künstler für das Zeigen ihrer Werke in Ausstellungen nie ein Honorar erhalten. Für alle anderen künstlerischen Leistungen sind Honorare doch auch selbstverständlich.
Eigentlich kein Problem, hier Abhilfe zu schaffen! Konkrete Vorschläge hat der bbk berlin ins Berliner Parlament eingebracht.