female:pressure ist eine internationale Datenbank und ein Netzwerk von Frauen, die im Bereich elektronischer Musik und Computerkunst arbeiten: DJs, Musikerinnen und Produzentinnen, Vokalistinnen, bildende Künstlerinnen, Bookerinnen, Labelmacherinnen, Wissenschaftlerinnen und Akademikerinnen, die sich mit der Materie beschäftigen. Wir haben über 1100 Mitglieder in 56 Ländern, viele von ihnen sind professionell und international tätig.
Die female:pressure Künstlerinnen gehören zu der als fortschrittlich eingestuften Szene der elektronischen Musik und ihren Subkulturen. Verglichen jedoch mit anderen Kunstsparten, z. B. der Literatur, sind Frauen im Bereich zeitgenössischer Musikproduktion und deren Aufführung notorisch unterrepräsentiert. Die female:pressure Gruppe möchte deshalb dazu auffordern, einen nüchternen Blick auf die Tatsachen zu werfen, und will die Mechanismen dieses spezifischen Marktes beleuchten.
Wir haben Line-Ups von Festivals untersucht, Veröffentlichungen von Plattenlabels, Frauenquoten in diversen Top 100 Listen. Die Ergebnisse sind erschütternd – selbst für uns, die wir mitten in der Szene zuhause sind.
Die meisten Festivals, ob mit öffentlichen Geldern gefördert oder nicht, legen offensichtlich so gut wie keinen Wert auf einen adäquaten Frauenanteil und Diversität. Ähnliches gilt für Labelveröffentlichungen – in Deutschland, einem Epizentrum elektronischer Musik und ihren Künstlerinnen, genauso wie in vielen anderen Ländern. Ein Frauenanteil von 10 % kann heutzutage bereits als überdurchschnittlich gelten. Es ist inakzeptabel, dass wir uns im 21. Jahrhundert immer noch oft als einzige Künstlerin auf einem Festival wiederfinden. Kolleginnen bei der Arbeit zuzusehen, inspiriert uns und wir glauben, dass ihnen auch das Publikum gerne zuhören würde. Die detaillierte Auswertung unserer Recherchen ist hier zu finden: femalepressure.wordpress.com/facts
Wir wollen der Öffentlichkeit diese Problematik bewusst machen und fordern eine größere Vielfalt im Line-Up von Festivals und bei Plattenlabels – Vielfalt im Hinblick auf Geschlecht, Alter, kulturelle Identität und (Nicht)Behinderung. Wir unterstellen nicht, dass Veranstalter und Kuratoren aus purer Misogynie fast ausschließlich männliche, weiße Künstler buchen, sondern weil es den sozialen Gepflogenheiten entspricht, die Peer-Group gepflegt werden will und sie über die gesellschaftspolitischen Aspekte ihrer Auswahl nicht nachdenken. Die Frage nach Verantwortung und Chancengleichheit stellt sich noch dringlicher, wenn Mittel der öffentlichen Hand ins Spiel kommen, also indirekt von einem breiten Querschnitt der Bevölkerung stammen.
Wir fordern ein neues Bewusstsein. Eine Haltung, die klar macht, dass mangelnde Diversität einfallslos und faul, gesellschaftlich rückwärtsgewandt ist und keinesfalls als visionär gelten kann, da weder die große Bandbreite spannender und kompetenter Künstler_innen der Gegenwart noch der Zunkunft präsentiert wird. Es gibt keine Rechtfertigung für die vorherrschende Homogenität! Festivalkurator_innen – besonders jene, die in den Genuss öffentlicher Gelder kommen – müssen in ihren Line-Ups ein repräsentativeres Geschlechterverhältnis erzielen und so auch die Bevölkerung besser widerspiegeln, die sie ansprechen.
Unsere Musik ist uns wichtig: sie ist Manifestation einer lebendigen Kultur, Ausdruck unserer Zeit und ein Beitrag zum Dialog mit der Gesellschaft. Selbstverständlich legen wir auch Wert auf die Qualität unserer Arbeit, auf Beherrschung der Produktionsmittel und Instrumente, auf Raffinesse von Stil und musikalischem Ausdruck. Aber der ausschlaggebende Punkt kultureller Entwicklung und Verfeinerung liegt in der Interaktion mit dem fachkundigen Publikum: Spielen, Feedback, Veröffentlichen, Austausch und Ausprobieren sind essentielle Schritte auf dem Weg zur kreativen Entfaltung, zur Perfektion!
Wir brauchen nicht noch mehr männerdominierte Musikveranstaltungen, bei denen oft genug mediokre Darbietungen durch gegenseitiges Schulterklopfen honoriert werden. Wir brauchen eine erquickliche und unterhaltsame Vielfalt – das zahlende Publikum verdient sie genauso!
Festivalkuratoren, Förderer, Labelmacher, Journalisten: Gebt den Frauen mehr Raum!
Kuratorinnen, Förderinnen, Labelmacherinnen, Journalistinnen: Versucht nicht, die besseren Männer zu sein, indem ihr strikt auf die etablierten, männlichen Künstler setzt! Gebt den Frauen mehr Chancen!
Wir freuen uns auf Antworten und hoffen, dass sich dieser Kulturbereich positiv entwickeln wird. Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren, falls Sie Rückfragen zum Thema haben.
Auf eine glänzende Zukunft der Künste!
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