Kulturpolitische Gesellschaft setzt sich für einen »Forschungsverbund Kulturpolitik« ein.
Der 8. Kulturpolitische Bundeskongress »Kultur.Macht.Einheit? Kulturpolitik als Transformationspolitik« am 18./19. Juni in Berlin hat gezeigt, wie wichtig Forschungsergebnisse für eine fundierte Kulturpolitik sind. Doch auf diesem Feld gibt es zunehmend Defizite. Statistische Materialien, systematische Analysen des demographischen und sozialen Wandels, Studien zu den Bedürfnissen von Besuchern und Nichtnutzern von Kulturangeboten sind erforderlich, um die kulturelle Infrastruktur in Deutschland adäquat und zeitgemäß auszugestalten. »Das Wissen zu den Veränderungsprozessen in der Gesellschaft und beim Kulturpublikum ist nicht in ausreichendem Maße vorhanden. Hauptgrund für das Fehlen von Fakten und Erkenntnissen ist, dass die Kulturpolitikforschung in Deutschland weder systematisch vorangetrieben noch in ausreichendem Umfang gefördert wird«, stellt der Präsident der Kulturpolitischen Gesellschaft, Prof. Dr. Oliver Scheytt, in einer ersten Auswertung des Kongresses fest.
In den 25 Jahren seit der Deutschen Einheit habe es gravierende Transformationsprozesse gegeben. Der im Einigungsvertrag geforderte Substanzerhalt sei nach Auffassung der über 300 Kongressteilnehmer vielfach gelungen. »Doch wir brauchen in Anbetracht des rasanten gesellschaftlichen Wandels vor allem durch Digitalisierung und Medialisierung und mit Blick auf die nachwachsende Generation unbedingt ein wissensbasiertes kulturpolitisches Monitoring. Erforderlich sind etwa Statistiken zu den Veränderungen in den Infrastrukturen und zu neuen Kulturinteressen. Diese Aufgabe darf nicht nur Kommunen und Ländern überlassen bleiben, sonst bleiben die Erkenntnisse auf einzelne Regionen beschränkt«, so Oliver Scheytt weiter. Sinnvoll wäre die Begründung eines bundesweiten »Forschungsverbundes Kulturpolitik«, in dem die einschlägigen Hochschulen und Forschungsinstitute mitwirken sollten.
Seit Jahren werde regelmäßig von verschiedensten Seiten auf den eklatanten Mangel an Daten und Fakten in Deutschland zur kulturpolitischen Gestaltung und Steuerung hingewiesen. Besonders offenkundig werde das im Vergleich zu anderen Ländern wie etwa den Niederlanden oder dem Vereinigten Königreich, die genaue Kenntnisse über Institutionen, Förderung, Nutzerverhalten und -präferenzen hätten.
»Die Transformation der Gesellschaft ist in vollem Gang. Zuwanderung, Migration und Globalisierung fordern auch die Kulturpolitik mehr denn je. Ohne genaue Kenntnisse darüber ist die Kulturpolitik gezwungen, sich auf einzelne Erfahrungen, die Intuition oder schlimmstenfalls Vermutungen zu verlassen. Der Bund ist gefordert, dieses Defizit schnellstmöglich zu beheben«, sagte Oliver Scheytt.
Der KuPoGe-Präsident verweist insoweit auf den Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD, in dem explizit die Verstärkung der Kulturpolitikforschung vereinbart wurde. Konkrete Vorschläge für die Bildung eines Forschungsverbundes sowie ein kulturpolitisches Monitoring lägen bereits vor.
Prof. Dr. Oliver Scheytt
(Präsident der Kulturpolitischen Gesellschaft e.V.)
Bonn, 1. Juli 2015
Kulturpolitische Gesellschaft e.V.